Unister: Landgericht Leipzig bereitet Staatsanwälten Andreas Günthel und Dr. Dirk Reuter Schlappe

Das Landgericht Leipzig hat nun weite Teile der Klage durch die umstrittene Integrierte Ermittlungseinheit Sachsen (Ines) aus Dresden gegen eines der größten deutschen Internetunternehmen, Unister in Leipzig, zugelassen. Gleichzeitig bereitete das Landgericht Leipzig den federführend ermittelnden Staatsanwälten Andreas Günthel sowie Dr. Dirk Reuter eine schwere Schlappe:

Bild: pr
Da war die Welt noch in Ordnung: Auf einer ganzen Seite berichtete am 12./13. Februar 2010 die Leipziger Volkszeitung über den geplanten schicken 30- bis 40 Millionen Euro Unister-Bau direkt in Leipzig City gegenüber der Oper am Augustusplatz. Seit drei Jahren bedrohen nun diverse, teils auch abstruse Ermittlungsverfahren durch die Integrierte Ermittlungseinheit Sachsen aus Dresden Unister, in dessen Zuge auch das Unister-Grundstück verkauft werden musste.

So lässt das Landgericht Leipzig nach derzeitigem Stand den Vorwurf der Streichpreise bei Unister - den die Staatsanwaltschaft der Integrierten Ermittlungseinheit Sachsen vollmundig Ende 2013 gegenüber den Medien behauptet hatte - nicht zu. Damals hatten, basierend auf einer breit gestreuten dpa-Meldung, zahlreiche deutsche Tageszeitungen geschrieben, dass "die sächsische Generalstaatsanwaltschaft ihre Ermittlungen gegen den Online-Reiseverkäufer Unister erheblich ausgeweitet" habe. Als Grund wird unter anderem der Vorwurf der angeblichen illegalen "Streichpreise" bei Unister genannt.

Staatsanwaltschafts-Mär vom "gefundenen Unister-Algorithmus"?

Auch Fachmedien, wie die führende deutsche Marketing- und Medien-Fachzeitschrift des Süddeutschen Verlags, Werben & Verkaufen, hatten über den Vorwurf der Generalstaatsanwaltschaft Dresden berichtet. So schrieb beispielsweise wuv.de, das Onlineportal von Werben & Verkaufen:

"Thomas Wagner | Staatsanwälte bei Unister: ‚Wir haben den Algorithmus gefunden‘: Die Generalstaatsanwaltschaft glaubt zudem, dass Unister mit gefälschten Preisen auf seinen Reiseseiten gegen das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb verstoßen hat. Systematisch seien den Kunden auf den Reiseportalen Schnäppchen vorgegaukelt worden durch sogenannte Streichpreise - die allerdings frei erfunden waren. Streichpreise sind die Preise, die eine Ware oder eine Dienstleistung vor einem Preisnachlass gekostet hat - oder angeblich gekostet haben soll."

Unister hatte Ende Dezember 2013 den Vorwurf der Integrierten Ermittlungseinheit Sachsen, wonach man illegale Streichpreise publiziere, vehement zurückgewiesen. Dem war kurz zuvor die dritte Razzia der Ines bei Unister in Leipzig sowie weiteren Standorten vorangegangen - und zwar am 11. Dezember 2013. Das war genau ein Jahr nach er ersten Razzia. Damals hatte die Leipziger Volkszeitung getitelt: "Unister-Belegschaft nach Razzia geschockt."

Schon zur ersten Razzia am 11. Dezember 2012 hatte das Sächsisches Staatsministerium der Justiz auf Grund einer Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE im Landtags Sachsen Stellung zum Vorwurf gegeben, wonach ein zentraler Zeuge der Anklage als Jurist bei Unister Verträge gestohlen haben soll.

DIE LINKE im Landtag Sachsen wollte Aufklärung zu den Ines-Vorgängen

Außerdem wollte Anfang 2013 DIE LINKE im Sächsischen Landtag in einer weiteren Kleinen Anfrage an das Justizministerium Sachsen (Justizminister war damals Dr. Jürgen Martens, FDP), Aufklärung darüber, wie brachial die Staatsanwaltschaft gegen Unister vorgegangen war, vor allem mit wie vielen und welchen Ermittlern (darunter waren auch drei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, kurz Bafin).

Wirtschaftsminister in Sachsen war zum damaligen Zeitpunkt ein Parteifreund Martens und zwar der Leipziger Sven Morlok (ebenfalls FDP). Morloks Titel lautete in der Sächsischen Staatsregierung auf "Staatsminister für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr sowie stellvertretender Ministerpräsident".

Da Staatsanwaltschaften gegenüber dem Justizministerium weisungsgebunden sind, halten es Beobachter für kaum wahrscheinlich, dass die Sächsische Staatsregierung nicht sehr früh in die umfangreichen Ermittlungsverfahren gegen Unister - immerhin einer der 50 größten privaten Arbeitgeber im Freistaat Sachsen und einer der fünf größten von Leipzig - eingebunden war.

Auffällig: Bereits Wochen vor der ersten Razzia bei Unister und der U-Haft des Unternehmensgründers soll sich nach Angaben eines ehemaligen führenden Unister-Mitarbeiters Morlok geweigert haben, als Wirtschaftsminister Sachsens ein Grußwort anlässlich des im Jahr 2012 gefeierten Jubiläums "10 Jahre Unister" beizusteuern.

Das ist einer der Gründe, weshalb Morlok als ein Leipziger Top-Politiker nicht im Juliäums-Booklet von Unister zu finden ist (im Gegensatz beispielsweise zu Burkhard Jung, dem von SPD und LINKEN getragenen Oberbürgermeister von Leipzig).

Ebenfalls auffällig: Während alle Stadtratsfraktionen nach der erste Razzia bei Unister am 11. Dezember 2012 ein Gespräch mit dem damaligen Kommunikationschef von Unister im Rathaus Leipzig führten, soll die damalige FDP Stadtratsfraktion von Leipzig eine der wenigen gewesen sein, die den Unister-Kommunikationschef trotz eines feststehenden Termins nicht nur nicht empfangen hat, sondern kurzfristig gar wieder ausgeladen haben soll.

Dresdner Staatsanwälte hatten Unister mit über 120 Ermittlern überrollt

Auf Grund der Anfrage der DIE LINKE im Sächsischen Landtag kam jedenfalls heraus: So seien über 120 Ermittler bei Unister im Rahmen der ersten Razzia am 11. Dezember 2012 in Leipzig sowie an anderen Standorten einmarschiert. Dabei war kurz vor Weihnachten nahezu die komplette kaufmännische Führung in U-Haft genommen worden, was Unister fast in den Ruin getrieben haben soll.

Dies dürfte auch die Staatsanwaltschaft einkalkuliert haben, da sie auf eine längere U-Haft pochte, was Unister nach Angaben von Insidern nicht überlebt hätte. Dies war auch der entscheidende Grund, weshalb eine Amtsrichterin in Dresden die U-Haft für die Führungsspitze von Unister nach ein- bis zwei Wochen wieder aufgehoben hatte.

Zudem gibt es Gerüchte, wonach ein leitender Redakteur der Computer Bild, ein Medium welches zur Axel Springer SE gehört und eine achtseitige umstrittene Geschichte über Unister im Sommer 2012 geschrieben hatte, bereits im Sommer oder frühen Herbst 2012 gegenüber dem damaligen Unister-Kommunikationschef angekündigt haben soll, wonach wegen einer Steuergeschichte auf dem Unister-Portal fluege.de Ende des Jahres bei Unister eine Razzia und U-Haft für Thomas Wagner und Unister-Mitgesellschafter Daniel Kirchhof durch die Integrierte Ermittlungseinheit Sachsen drohe, was wiederum bedeute, dass Unister dann in Konkurs gehen könne.

Bis heute fragt man sich bei Unister und Rechtsanwälten: Wie konnte die Computer Bild das so früh alles wissen? Nach Gerichtsakten soll die Integrierte Ermittlungseinheit Sachsen angeblich erst im Oktober 2012 mit einem Ermittlungsverfahren gegen Unister angefangen haben.

Justizminister in Sachsen ist heute jedenfalls der junge Leipziger CDU-Abgeordnete Sebastian Gemkow. Er war zum Zeitpunkt der staatsanwaltschaftlichen Vorgänge bei Unister allerdings noch nicht im Amt. Auch gilt er als in Leipzig sehr gut vernetzt und tendenziell unternehmerfreundlich.

Jedenfalls werden seit bald dreieinhalb schleppenden Jahren die Ermittlungen gegen das Unternehmen Unister durch die Dresdener Staatsanwälte vorangetrieben. Federführend sind dabei zwei zentrale Mitglieder der Integrierten Ermittlungseinheit Sachsen, eben Oberstaatsanwalt und Gruppenleiter Andreas Günthel sowie Staatsanwalt Dr. Dirk Reuter, 42 (auch lesen: Dr. Reuter und Unister: "Es wäre ein Justizskandal", sagt Jura-Professor").

Beide Dresdner Staatsanwälte genießen unter Juristen nicht den besten Ruf: Sie seien verbissen und übertrieben knallhart, sagt einer, der sie sehr gut kennt und auch das Verfahren der Staatsanwälte gegen Unister beobachtet. Reuter hatte schon den Wasserwerk-Skandal in Leipzig vor Gericht staatsanwaltlich vertreten. Günthel soll wiederum nach Angaben der Sächsischen Zeitung einer der zentralen Staatsanwälte in einem Mammutprozess gegen einen Prostituierten-Ring mit 250 Betroffenen gewesen sein.

Thomas Wagner hatte als BWL-Student Unister in Garagen-Manier gegründet

In dem für April 2016 angesetzten umfangreichen Gerichtsprozess gegen die Unister Gruppe sind der Gründer Thomas Wagner, 37, angeklagt, sowie einige weitere Top-Manager. Thomas Wagner hatte als Leipziger BWL-Student mit 22 Jahren im Jahr 2002 Unister in Manier der Garagen-Start-Ups gegründet. Wagner, in Dessau aufgewachsen, gilt als ein von vielen bewundertes, wenn auch umstrittenes Internet-Genie.

Während andere Unternehmer seiner Größenordnung längst in Villen wohnen würden, lebt er immer noch in einer einfach bis billig eingerichteten kleinen rund 70 Quadratmeter-Wohnung in Leipzig-Gohlis - unterm Dach. Selbst die BILD-Zeitung Leipzig wunderte sich vor zwei Jahren in einem Artikel darüber, dass Wagner nur 50.000 Euro im Jahr verdiene, was in einer Gerichtsverhandlung 2013 bekannt geworden war.

Führende Unister-Mitarbeiter berichten denn auch, dass Wagner sich sehr schwer tue, sich selbst etwas zu gönnen, was "sicher nicht ganz üblich auf dieser Ebene ist und auch schade, da er ja alles aufgebaut hat", sagt einer, der ihn sehr gut kennt.

Zudem ergänzt er: "Früher war etwas blöd, dass Thomas dann dachte, alle seine Führungskräfte und Mitgesellschafter müssten ähnlich sparsam leben wie er". Alles Geld habe Wagner in den Aufbau von Unister gesteckt. Bis 2010 habe Wagner denn auch in einem 20-Quadratmeter-Zimmer in einer Leipziger WG gewohnt.

Immerhin: Heute könnten sich nach Auskunft von einem, der sich bei Unister ebenfalls sehr gut auskennt, zumindest einige Top-Manager bei Unister nicht mehr über zu niedrige Gehälter beklagen. Teils sei eher das Gegenteil der Fall: Einige bekämen eher zu viel für zu wenig Arbeit an Unisters Zukunft.

Einer der wenigen ganz oben bei Unister, der wie immer rödele, sei Wagner. Klar habe er auch sehr tüchtige Führungskräfte um sich herum, aber eben nicht durchgängig.

Vorwurf an Unister: Man habe eine Steuer an das Land Sachsen bezahlt, nicht aber an den Bund

Jedenfalls lautet der nun in wenigen Wochen vor dem Landgericht Leipzig verhandelte zentrale Vorwurf gegen Unister auf unerlaubtes Betreiben von Versicherungsgeschäften sowie daraus resultierender Steuerhinterziehung. Die federführende Staatsanwaltschaft aus Dresden wirft Unister vor, man habe für einen Stornoschutz sowie einen Flexifly-Umbuchungsservice für Reisen lediglich eine Steuer bezahlt, die dem Land Sachsen zugutegekommen sei.

Angeblich aber, so die Staatsanwälte aus Dresden, hätte Unister eine Steuer bezahlen müssen, die nicht dem Land Sachsen zugutekommt, sondern dem Bund - nämlich die Versicherungssteuer. Da man dieses aber nicht bezahlt habe, habe Unister eine erhebliche Steuerhinterziehung begangen.

Tickets runtergebucht - legal oder illegal?

Weiter heißt es: Derzeit überlege sich die Generalsstaatsanwaltschaft Dresden, in deren Gefilden die Integrierte Ermittlungseinheit Sachsen angesiedelt ist, ob sie gegen die nur teilweise Zulassung der Klage vor dem Landgericht Leipzig Beschwerde einreichen solle oder nicht. Dies schreibt zumindest die Leipziger Volkszeitung in ihrem Onlineauftritt lvz.de.

Unklar ist, wann der weitere Anklagepunkt gegen Unister – das angebliche Herunterbuchen von Flugtickets – vor dem Landgericht Leipzig verhandelt werden soll. Eigentlich würde es sich hier vor allem um ein mögliches und gewöhnliches Zivilrechtsverfahren gegen Unister handeln.

Betroffen vom Runterbuchen bei Unister war besonders die Lufthansa. Wobei bis heute gestritten wird, ob die Fluglinie Lufthansa nun vom Runterbuchen in der Branchen wusste oder nicht. Bemerkenswert ist aber auch hier:

Die Staatsanwaltschaft in Dresden griff beim Vorwurf des Runterbuchens von Flugtickets – betroffen seien, heißt es, über 80.000 Tickets - in eine juristisch Trickkiste. Denn die zuständigen Staatsanwälte, vor allem Günthel und Reuter behaupten, wonach das Herunterbuchen von Flugtickets bei Unister die Tat einer "kriminellen Vereinigung" darstelle.

Der Trick der Staatsanwälte mit der "kriminellen Vereinigung"

Deshalb müsse man nun, so die Staatsanwälte Andreas Günthel und Dr. Dirk Reuter, gegen Dutzende Mitarbeiter strafrechtlich als Staat vorgehen.

Das heißt aber nichts anderes, als dass die Dresdener Staatsanwaltschaft ein mögliches Zivilrechtsverfahren mit dem Trick des Vorwurfs einer angeblichen "kriminellen Vereinigung" in ein Strafrechtsverfahren gewandelt hat. Ein Dresdner Landtagsabgeordneter kommentiert dies mit den folgenden Worten: "Ein solches Vorgehen ist in der deutschen Rechtsprechung äußert ungewöhnlich". Zudem zeige es "einmal mehr, dass die Integrierte Ermittlungseinheit Ines generell auf den Prüfstand" gehöre.

Man habe, so der in Sachsen bekannte Politiker, zunehmend "den Eindruck, dass hier ein Unternehmen vorsätzlich massiv beschädigt worden ist". Selbst ein Regierungsmitglied in der Sächsischen Staatsregierung soll schon einmal unschöne Erfahrungen mit der Integrierten Ermittlungseinheit Sachsen gemacht haben.

Auch ein Regierungsmitglied von Sachsen soll schon eine Razzia durch Ines erlebt haben

Die Rede ist davon, wonach es bei dem Regierungsmitglied vor Jahren ebenfalls eine Ines-Razzia gegeben habe. Hinterher soll die betroffene Person ihre Unschuld belegt haben können. "Das war politisch motiviert", soll das Regierungsmitglied heute sagen.

Fakt ist: Beim Runterbuchen von Flugtickets handelt es sich um ein in der Reisebranche weit verbreitetes Verhalten. Es funktioniert im Wesentlichen so, dass beispielsweise der Käufer eines Flugtickets vom Flugportal mitgeteilt bekommt, man habe die Ticketbuchung erhalten. Allerdings dauere es noch etwas länger, bis man das Flugticket ausstellen könne.

In der Zwischenzeit schauen dann Reisebüro-Mitarbeiter, ob es den Flug nicht möglicherweise während der Wartezeit doch noch irgendwo billiger gibt. War dieses der Fall, hatten die Reisebüros – im konkreten Fall Unister - die Differenz einbehalten. Doch sagt die Generalstaatsanwaltschaft in Dresden, dass Verbraucher hier angeblich einen Anspruch darauf gehabt hätten, das nachträglich durch den Reisebüromitarbeiter gefundene billigere Ticket zu erhalten.

Wenn 20-Jährige Callcenter-Mitarbeiter plötzlich Mitglied einer "kriminellen Vereinigung" werden

Das heißt: Dass die Differenz zwischen dem teureren und billigeren Ticket dem Kunden zugestanden hätte, nicht aber dem Reisebüro, über welches das Flugticket (online oder über die Hotline) gebucht worden war. Das ist der Grund, weshalb nun die Staatsanwälte Günthel und Reuter aus Dresden in einfachen 20-jährigen Callcenter-Mitarbeitern der Online-Reisebüros von Unister angebliche Mitglieder einer angeblichen "kriminellen Vereinigung" erkennen wollen.

Gleichzeitig kursiert aber auch das Gerücht: Demnach hätte die Staatsanwaltschaft Dresden nach netz-trends.de-Informationen angeblich behauptet, dass ein Unister-Flugportal sich die Differenz zwischen dem teureren und nachträglich billigeren Flugticket zwar legal einbehalten hätte können.

Doch wäre es dafür angeblich notwendig gewesen, soll die Staatsanwaltschaft behauptet haben, dass sich das jeweilige Flugportal in seinen AGBs als Händler-Portal kenntlich gemacht hätte. Doch genau dieses sei im Falle von Unister nicht der Fall gewesen. Man könnte also auch sagen:

Es scheint eine gewisse Haarspalterei vonnöten zu sein, um den Vorwurf der Staatsanwaltschaft in Gänze verstehen zu können. Derzeit steht zudem ebenfalls im Raum, ob nun das Runterbuchen ebenfalls mit dem ersten Gerichtsverfahren vor dem Landgericht Leipzig verbunden wird oder nicht.

Es wird ein Mammutprozess um Unister in Leipzig

Fakt ist: Das Verfahren gegen Unister dürfte als Mammutprozess in die jüngere Leipziger und sächsische Juristengeschichte eingehen. Ob die Generalstaatsanwaltschaft Dresden mit seiner seit Jahren umstrittenen Integrierten Ermittlungseinheit Sachsen ein wirklich gutes Bild abgibt, wird sich in den nächsten Monaten zeigen.

Bislang habe die Integrierte Ermittlungseinheit Sachsen bei Unister vor allem Schaden angerichtet, sagen viele Leipziger, Fachleute aus der Branche, Politiker, aber naturgemäß auch Unister selber und verweist darauf:

Neben dem durch die langen Ermittlungsverfahren notwendigen massiven Arbeitsplatz-Abbau bei Unister - rund 1000 Mitarbeiter weniger, als vor der ersten Razzia am 11. Dezember 2012 - sei ein Schaden von mindestens rund 45 Millionen Euro durch Ines angerichtet worden.

Unister betont: "Mindestens". Damit könnte Unister Recht haben. Grund: Ursprünglich war Unister von der amerikanischen Wirtschafts-Fachagentur Bloomberg auf einen Wert von mindestens 2 Milliarden Euro geschätzt worden.

Fakt ist: 2012 hatte Unister 2200 Mitarbeiter. Dreieinhalb Jahre später, 2016, sind es nur noch 1350. "Natürlich hätte es den Arbeitsplatzabbau ohne die finanziellen Auswirkungen der umfangreichen und belastenden Ermittlungsverfahren nicht gegeben, sondern man hätte weiter expandiert", kommentiert ein ehemaliger Unister-Manager gegenüber netz-trends.de und sagt weiter:

"Fehler werden in vielen jungen Unternehmen und Start-Ups gemacht. Aber in Städten wie Berlin schickt das Finanzamt beispielsweise ein Jahr lang einen Finanzamts-Mitarbeiter in solche Unternehmen, lässt sich dort ein Büro geben und prüft, ob alles richtig gemacht wird." Das heißt: Einige deutsche Finanzämter würden junge Unternehmen eher wohlwollend kritisch begleiten, nicht aber so zerstörerisch vorgehend, wie in Leipzig.

Angesichts der juristischen Ermittlungen gegen Unister schreiben einige deutsche Wirtschaftsblätter davon, wonach der Wert von Unister seither auf einige Hundert Millionen Euro gesunken sein könne. Immer wieder machen zudem Gerüchte die Runde, Unister könne gar vom Konkurs bedroht sein. Doch dies hatte Unister bislang stets zurückgewiesen.

Auch Insider sagen, dies sei Unsinn. Doch bestätigen auch sie, dass die Unternehmens-Krise durch das langjährige Ermittlungsverfahren der Dresdener Staatsanwälte überall zum Greifen sei.

Schaden ist enorm

Fakt ist zudem: Nur einen Tag vor der ersten Razzia am 11. Dezember 2012 hatte Unister gerade anfangen wollen, seine neue 30 bis 40-Millionen-Euro Firmenzentrale am Augustusplatz gegenüber der Leipziger Oper zu bauen. Darüber hatte am 10. Dezember 2012 die BILD Leipzig berichtet ("Unister verspricht Baustart noch in diesem Jahr"). Einen Tag nach der Razzia und zwei Tage nach dem BILD-Bericht hatte Unister den Baustart gekippt.

Dem Unister Bau (Bild) war ein monatelanger Baustreit mit der Stadt Leipzig vorangegangen, über welchen zahlreiche Medien, bis hin zur ZDF-Sendung WISO, berichtet hatten. Den Auftakt zu den Berichten hatte am 15. Februar 2010 - also vor sechs Jahren - die Leipziger Volkszeitung (LVZ; Autor: Jens Rometsch) gemacht mit einem ganzseitigen Artikel, welcher überschrieben war mit der Schlagzeile: "Streit um drei Meter: Unister-Neubau an der Goethestraße liegt seit Monaten auf Eis".Da war die Welt noch in Ordnung: Auf einer ganzen Seite berichtete am 12./13. Februar 2010 die Leipziger Volkszeitung über den geplanten schicken 30- bis 40 Millionen Euro Unister-Bau direkt in Leipzig City gegenüber der Oper am Augustusplatz. Seit drei Jahren bedrohen nun diverse, teils auch abstruse Ermittlungsverfahren durch die Integrierte Ermittlungseinheit Sachsen aus Dresden Unister, in dessen Zuge auch das Unister-Grundstück verkauft werden musste.Bild: pr

Mittlerweile soll selbst das Grundstück verkauft worden sein. Dies hatten Anfang 2016 übereinstimmend die Leipziger Volkszeitung sowie die BILD-Zeitung Leipzig berichtet. Dabei war die neue Unister-Firmenzentrale - geplant für 1400 Mitarbeiter in Leipzigs bester City-Lage - über Jahre ein Traum-Projekt von Unister-Gründer Wagner (eine Ansicht des Unister-Gebäudes gibt es hier, bitte klicken).

"Unister ist derzeit von weiten Teilen der Finanzmärkte abgeschnitten", erklärt einer, der das Unternehmen äußerst gut kennt. "Solange die Ermittlungsverfahren so drastisch in Sachsen laufen, getrauen sich viele einfach nicht ran an das einstige sächsische Vorzeigeunternehmen", ergänzt er.

Die beiden LVZ-Redakteure Matthias Roth und Robert Nößler schreiben aktuell wiederum in der Leipziger Volkszeitung: "Unabhängige Beobachter des Falls (Anmerkung: Unister) sehen die Ermittlungsmethoden der Generalstaatsanwaltschaft kritisch. ‚Ich denke, dass unverhältnismäßig gegen Unister vorgegangen wurde‘, sagte der Leipziger Jura-Professor und Wirtschaftsrechtsexperte Marc Desens, mit Blick auf die Durchsuchung in der Firmenzentrale im Dezember 2012 und die anschließende Untersuchungshaft" unter anderem für Firmengründer Wagner.

Auch dazu gibt es eine weitere Anekdote, die Bände spricht, wie die Integrierte Ermittlungseinheit Sachsen agiert. So erzählt ein Insider gegenüber netz-trends.de: "Die Kaution für Thomas Wagner ist angeblich auf 500.000 Euro damals von Dresden festgelegt worden. Die Kaution musste aber bar nach Dresden gebracht werden - wenige Tage vor Heiligabend. Das wirkt schon nach Schikane gegenüber Unister."

Das Geld musste Wagner zudem privat beisteuern, was er nicht hatte und was die Staatsanwaltschaft wohl auch wusste, da sie Zugriff auf sämtliche Bankkonten von Wagner hatte. Auf Grund der hohen geforderten kurzfristigen Bargeldsumme hätte Thomas Wagner um ein Haar die U-Haft nicht verlassen können, da er das Geld so schnell nicht auftreiben konnte. Erst ein Freund aus Süddeutschland soll dann mit einer Hilfe beigesprungen sein.

Zudem lesen: "Dr. Reuter und Unister: "Es wäre ein Justizskandal", sagt Jura-Professor"

Kleinen Anfragen im Landtag Sachsen bezüglich der Arbeit der Integrierten Ermittlungseinheit Sachsen auch bei Unister hier herunterladen:

Antwort-Staatsregierung-auf-Antrag-zu-INES.pdf

Antwort-Staatsregierung-KA-INES-gegen-Unister.pdf

KA-11224-Belastungszeuge-gegen-Unister.pdf

Antrag-DIE-LINKE-Neuausrichtung-INES-DS-5-6914.pdf

Antwort-auf-KA-Lichdi-Aufgaben-und-Ausstattung-INES.pdf


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