Grund: Der Schaden durch gestohlene Handys, also Smartphones, dürfte weltweit nach Schätzungen von Netz-Trends jährlich mittlerweile die Schadens-Schwelle von 100 Milliarden Euro überschritten habe. Besonders betroffen sind die teuren Handys von Apple - weshalb auch das Wort von "Apple Picking" die Runde macht (Apple-Handys stehlen) oder jene von Blackberry oder Samsung (Galaxy). Alleine in den USA werden jährlich Handys im Wert von rund 30 Milliarden Dollar gestohlen - und das sind nur jene, die zur Anzeige bei der Polizei gebracht werden.
1,6 Millionen Amerikaner gingen 2012 zur Polizei, um ihr Handy oder Smartphone als gestohlen zu melden. Nach Angaben der Federal Communications Commission (FCC) würden mittlerweile ein Drittel aller Raubüberfälle in den USA zum Ziel haben, ein wertvolles Handy zu ergaunern.
Deshalb möchten nun kalifornische Politiker wie Senator Mark Leno, die kalifornische Landtagsabgeordnete Nancy Skinner oder der Regional-Staatsanwalt von San Francisco, George Gascon (District Attorney) eine Zerstörungs-Taste ("anti-theft kill switches") auf dem Handy gesetzlich vorschreiben.
Die kill switch-Taste soll nach dem Willen der kalifornischen Gesetzgeber ferngesteuert aktiviert werden könne, sollte ein Handy gestohlen worden sein oder einfach nur verloren gegangen sein. Im Fokus der Politik von Kalifornien stehen neben gestohlenen Smartphones auch andere "mobile devices". Dazu gehören zum Beispiel Tablet-PCs.
Noch ist das neue Handy-Gesetz ("Bill") zur obligatorisch einzubauenden Zerstörungs-Taste auf Handys zwar nicht durch das Parlament von Kalifornien gegangen, doch die Chancen, dass die "Bill" verabschiedet wird, stehen gut.
Sollte das Gesetz in Kraft treten, würde das für Samsung, Apple, Nokia, Motorola, Lenovo, Blackberry oder HTC bedeuten: In Kalifornien dürften nur noch Handys, beziehungsweise Smartphones verkauft werden, welche eine Zerstörungstaste, eine "anti-theft"-Taste, aufweisen. Das Gesetz würde dann Anfang 2015 in Kraft treten.
Neben der Politik nimmt der Druck auf die Smartphone-Industrie auch juristisch zu. So haben sich mehrere Interessengruppen beispielsweise um den New Yorker Generalstaatsanwalt (Attorney General) Eric Schneiderman versammelt, die auch in New York zu einer stärkeren Gangart gegen die Diebstahls-Industrie von Smartphones drängen. Schneiderman gibt der Smartphone-Industrie bis Juni 2014 Zeit, sich freiwillig zum Milliardenproblem gestohlene Handys zu äußern und Lösungsvorschläge vorzubringen.
Smartphones kosten im Schnitt um die 500 Euro. Das ist viel Geld und der Diebstahl von Handys ist für die organisierte Kriminalität ein Millionen-Geschäft. Der Klau von Handys ist in vielen Ländern mittlerweile so perfekt organisiert, wie die organisierte Kriminalität rund um massenhafte Diebstähle von Autos oder Fahrrädern, auch bezüglich der Wohnungseinbrüche oder Häuser-Einbrüche. Viele Smartphones sind wertvoller als die meisten Schmuckstücke, die durchschnittliche Haushalte in ihren Schubladen oder Schränken liegen haben, auch wertvoller als der Inhalt von Portemonnaies.
In Kalifornien lässt die Politik mittlerweile eine klare Mitteilung an die Smartphone-Industrie übermitteln: "Sie haben eine Wahl. Sie können entweder freiwillig Teil der Diebstahls-Lösung sein" oder "eben zwangsweise".
Wie immer, wenn es relativ radikale Lösungen bezüglich von Problemen gibt, äußern sich auch in den USA wieder einige Bedenkenträger - oftmals Wirtschaftsvereinigungen, die die Interessen der Konzerne vertreten. Dazu gehört zum Beispiel die "CTIA-The Wireless Association". Sie sagte, sie sehe "erhebliche Risiken", sollte eine "permanent kill switch" auf Handys gesetzlich vorgeschrieben werden. Ein Risiko sei zum Beispiel, dass sich Hacker des Smartphones ferngesteuert bemächtigen könnten und die permanent kill switch-Taste aktivieren könnten. Dann würde ein Handy praktisch ferngesteuert deaktiviert und unbrauchbar gemacht.
Außerdem sehe man auf Regierungsebene erhebliche Probleme für den Fall, dass Handys standardmäßig eine Zerstörungs-Taste aufweisen würden. So könnten, behauptet die CTIA-The Wireless Association, Hacker beispielsweise Handys, welche im Gebrauch des Verteidigungsministeriums wären (Department of Defense) oder in den Händen des Innenministeriums und der dort angeschlossenen Sicherheits-Einheiten (Homeland Security and law enforcement agencies), ebenfalls ferngesteuert von Hackern deaktiviert werden.
Derzeit arbeitetet die CTIA-The Wireless Association an einem bundesweiten Diebstahls-Atlas in den USA rund um Handys und Smartphones. Doch trotz der Kritik an dem Gesetzentwurf ist man sich auch bei er CTIA bewusst, dass man ein Gesetz gegen Handydiebstahl wohl nicht mehr wird verhindern können. Deshalb teilte sie bereits im November 2013 in einem öffentlich gemachten Brief mit:
"CTIA – The Wireless Association (CTIA), in coordination with the Federal Communications Commission and the Major City Police Chiefs, announced a voluntary commitment by CTIA and participating wireless companies to take certain actions to help law enforcement deter smartphone theft and protect personal data."
Als wichtigste Punkte nennt die CTIA – The Wireless Association: (1) "Implement databases to prevent reactivation of stolen smartphones", (2) "Notify consumers of features to secure/lock smartphones with passwords" sowie "Educate consumers about features to secure/lock smartphones with passwords" und (3) "Educate consumers about applications to remotely lock/locate/erase data from smartphones" sowie (4) "Educate consumers about smartphone theft, protections and preventative measures".
Der Chairman der staatlichen Federal Communications Commission ( FCC), Julius Genachowski, teilte seinerseits mit , wonach er sich mit den wichtigsten Polizeichefs der USA getroffen haben, darunter mit dem "New York City Police Commissioner Raymond E. Kelly, Philadelphia Police Department Commissioner Charles Ramsey sowie dem Washington D.C. Metropolitan Police Chief Cathy Lanier".
Außerdem habe sich der FCC-Charmain mit dem Oberbürgermeister von Washington D.C., Vincent Gray, bezüglich der hohen Diebstahls-Rate bei Handys in den USA ausgetauscht, sowie mit Senator Chuck Schumer.
Mit all diesen Personen und Institutionen sei sich die Federal Communications Commission mittlerweile einig, sagte Julius Genachowski, wonach es dringend an der Zeit sei, vereinigte Kraftanstrengungen gegen "cell phone and data theft" zu unternehmen. Man habe es mit einer "growing epidemic of robberies targeting smartphone" in den USA zu tun.
Doch trotz der Versuche von Industrie-Lobby-Verbänden noch in letzter Sekunde ein Gesetz zu gestohlenen Handys zu verhindern, dürfte schon in wenigen Monaten gelten: Wer keine Diebstahl-Abwehr in dem Handy eingebaut hat und das Handy trotzdem in Kalifornien verkauft, dem droht eine Strafe von bis zu 2.500 US-Dollar. Am wahrscheinlich ist bislang, dass die Handys eine optionale Konfiguration mit einer kill switch-Taste aufweisen, welche den Verbrauchern es ermöglicht, selbst zu entscheiden, ob sie die Taste aktivieren möchten, oder nicht.
Auch ist im Gespräch, dass die kill switch-Taste so konfiguriert ist, dass man eine Aktivierung rückgängig machen kann, eine Sperrung des Handy wieder aufgehoben wird. Allerdings gilt, wie schon jetzt bei Sperr-Funktionen von Handys - wie sie beispielsweise Antivir in Deutschland anbietet - wonach einmal gelöschte Dateien nicht mehr ohne weiteres und schon gar nicht von normalen Konsumenten wieder hergestellt werden können.
Bereits jetzt weisen einige Handys eine Sperrfunktion auf - wie beispielsweise manche Android-Handys von Google. Hier kann über den Android Device Manager eine Sperrung durchgeführt werden. Allerdings ist die Funktion sehr unbekannt und dürfte von kaum jemandem genutzt werden. Denn wie so oft bei Google: Theoretisch gibt es Funktionen, nur kaum ein Verbraucher versteht sie und kann sie deshalb auch anwenden.